Treibhausgase einsparen durch Einsatz von Holz als Baumaterial

Im FuE-Projekt Holzbau-GIS untersucht Disy mit ForscherInnen der Ruhr-Universität Bochum, wie sich kommunale Klimaschutzkonzepte mithilfe von GIS-Analysen verbessern lassen, wenn Holz verstärkt als Baumaterial eingesetzt wird.

Treibhausgase einsparen durch Einsatz von Holz als Baumaterial

Die Fridays-for-Future-Bewegung hat es in die breite Gesellschaft getragen und diese sensibilisiert – dem Klimaschutz sollte die erste Priorität auf der Agenda der staatlichen Entscheidungsträger gehören. Viele Jahre wurden ergebnislos vergeudet, jetzt drängt die Zeit. In Deutschland wird dabei primär an die Energiewende und die klimaneutrale Mobilität gedacht. Tatsächlich umfassen erweiterte Klimaanpassungsmaßnahmen nahezu jeden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Sektor.

In diesem Zusammenhang ergeben sich im Bauwesen ungeahnte Einsparungspotenziale von Treibhausgasen. Bereits jetzt wird besonders auf Gebäudeebene durch energetische Sanierungen viel eingespart.

Obwohl der Baustoff Holz nur ergänzend genutzt und häufig unterschätzt wird, bietet er eine klimaneutrale Alternative zu den gängigen emissionsreichen Baustoffen, beispielsweise zu Beton. Für jegliche Bauvorhaben – sei es Sanierung, privater Wohnungsbau, öffentliche Gebäude, Industrie oder Gewerbe – der Baustoff Holz ist vielfältig einsetzbar. Zusätzlich begründen die positiven Klimaeffekte seinen Einsatz. Durch das Binden von CO2 fungiert Holz einerseits als langjähriger Kohlenstoffspeicher und andererseits werden kommerzielle Materialien, die als Klimakiller gelten, substituiert.

Einsatz von Holz in der Bauwirtschaft dient dem Klimaschutz

Folgerichtig hat der Holzbau in Deutschland eine Renaissance erfahren, die ein sukzessives Umdenken der Bauwirtschaft fördert und fordert. Gleichzeitig muss der Baustoff Holz, im Rahmen von regionaler nachhaltiger Forstwirtschaft, Eingang in kommunale Planungsprozesse und Klimaschutzpläne erlangen. Auch wenn erste Befragungen mit Kommunen große Hürden hinsichtlich des Konkretisierens allgemeiner Klimaschutzziele und deren Umsetzung in planerische Maßnahmen und politische Entscheidungen bemängelt haben, sind viele Akteure offen für innovative Ansätze.

Warum also nicht beim Ausweisen eines Neubaugebiets einen bestimmten Anteil Holzbauweise vorgeben, Renovierungsmaßnahmen im Holzbau fördern oder Baumaßnahmen an städtischen Gebäuden verstärkt mit Holzbauanteilen ausführen lassen? Um solche teilweise auch aufwändigen oder kontrovers diskutierbaren Maßnahmen einschätzen zu können, bedarf es einer fundierten Bewertung der Potenziale des Holzbaus im konkreten räumlichen Kontext. Selten zu finden ist jedoch die dazu erforderliche nötige Fachexpertise, die gerade in kleinen oder mittleren Städten kaum mit vertretbarem Aufwand aufzubauen ist.


Ziele im Forschungsprojekt Holzbau-GIS

Deshalb soll im Forschungsprojekt „Holzbau-GIS“ untersucht werden, ob sich Planungs- und Bewertungsmethoden der Holzbauspezialisten zumindest teilweise in Software gießen lassen, um Planern und Entscheidern in Kommunen ein einfaches Werkzeug für erste Überlegungen zum Holzbau in ihrer Kommune an die Hand zu geben.

Abb. 1 Projektpartner und Fördermittelgeber im Forschungsprojekt Holzbau-GIS

Abb. 1 Projektpartner und Fördermittelgeber im Forschungsprojekt Holzbau-GIS

Das Projekt startete im Frühjahr 2019 und wird vom Waldklimafonds des Bundes für drei Jahre gefördert; der Waldklimafonds ist eine gemeinsame Maßnahme des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) und des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Das Forschungsprojekt „Holzbau-GIS“ wird vom Lehrstuhl für Ressourceneffizientes Bauen (ReB) unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Annette Hafner an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) koordiniert. Im Projektkonsortium kooperieren ferner der Lehrstuhl für Umwelttechnik und Ökologie im Bauwesen (U+Ö) von Prof. Dr. rer. nat. Harro Stolpe der Ruhr-Universität Bochum als erfahrener Methodenlieferant im Bereich GIS-basierte Planung und die Disy Informationssysteme GmbH als innovativer Softwaredienstleister mit Schwerpunkt Geodaten.

 

Ziel des Projekts ist es, das Potenzial einer stofflichen Nutzung von Holzprodukten im Bauwesen als Klimaschutzmaßnahme für Kommunen planerisch darzustellen und im räumlichen Kontext abzubilden. In technischer Hinsicht startet das Projekt bei bestehenden Methoden des Bochumer Lehrstuhls für Ressourceneffizientes Bauen zur Berechnung von Kohlenstoff-Einsparpotenzialen durch Bauen mit Holz. Diese Methoden werden weiterentwickelt und in ein GIS-basiertes webfähiges Fachinformationssystem eingebettet. Exemplarisch werden die Potenziale für den Holzbau auf kommunaler Ebene durch die Kooperation mit der Stadt Menden (Sauerland) umgesetzt. Dadurch lassen sich die gewonnenen Erkenntnisse nicht nur im regionalen Kontext einordnen und analysieren, sondern es werden auch die konkreten Anforderungen einer Stadtverwaltung erfasst. Auf einem GIS-Modell der ForscherInnen der RUB aufbauend, werden die Potenziale für den Holzbau auf kommunaler Ebene analysiert und Treibhausgaseinsparungen durch Neubau und durch Sanierung mit Holz abgeschätzt.

Abbildung 2: Das Zusammenspiel der Projektpartner RUB und Disy

Abbildung 2: Architektur Holzbau-GIS

Disy setzt im Projekt Holzbau-GIS Cadenza ein

Disy befasst sich als erfahrener Softwaredienstleister für die öffentliche Verwaltung mit der Umsetzung der Methoden in ein praxistaugliches Demonstratorsystem, das effizient an die bestehenden Datenquellen der Kommunalverwaltung angebunden ist. Dabei werden insbesondere die Automatisierbarkeit der holzbautechnischen Bewertungsmethoden und die benutzerfreundliche Darstellung und Nutzbarkeit des Systems untersucht. Dazu kann Disy die neuesten Features seiner Geodaten-Analyseplattform Cadenza in den Bereichen interaktive Visualisierungen, OLAP-Datenauswertungen und Dashboard-Darstellungen einsetzen und innovativ weiterentwickeln.

Im ersten Software-Prototyp für das Projekt wurde mithilfe von Cadenza ein Datenrepository mit Web-GIS aufgesetzt. Das Untersuchungsgebiet kann hier gebäudescharf eingesehen werden und die Einsparpotenziale werden aufgrund des Gebäudebestandes eingeschätzt.

Mit Holzbau-GIS Einsparszenarien simulieren

Durch Zugriff auf den CO2-Rechner der RUB können verschiedene Einsparszenarien simuliert werden, die für jedes Gebäude abschätzen, welches CO2-Einsparpotenzial durch bestimmte Maßnahmen erzielbar ist. Dabei wurden für diese erste technische Studie noch keine Einsparungen speziell durch Holzbau berechnet, sondern zunächst Einsparpotenziale durch energetische Sanierung des Gebäudebestands. Das Referenzszenario beschreibt dabei den aktuellen Ist-Zustand, bei dem die Gebäude hinsichtlich ihrer Treibhausgasemissionen eingeschätzt werden. Das Einsparszenario 1 zeigt, welche prozentualen Verbesserungen durch Modernisierung nach EnEV 09 (Energieeinsparverordnung für Gebäude) erreicht werden könnten. Entsprechende Maßnahmen wären beispielsweise Dämmen der Außenwände, Einbau neuer Fenster etc. Das Einsparszenario 2 stellt dar, welche Verbesserungen sich bei Modernisierung als Passivhaus ergeben würden.

Abbildung 3: Referenzszenario beim Anwendungspartner Stadt Menden
Abbildung 3: Referenzszenario Stadt Menden
Abbildung 4: Berechnetes Einsparszenario
Abbildung 4: Berechnetes Einsparszenario
Abb. 5: Darstellung der Berechnungsergebnisse
Abb. 5: Darstellung der Berechnungsergebnisse

Die Analyse der Ergebnisse lässt das Abbilden, Abfragen und Aggregieren der Gesamteffekte für bestimmte Wohngebiete, Straßenzüge, manuell selektierte Polygone oder einzelne Gebäude zu. Für diese können dann auch die unterschiedlichen Szenarien verglichen werden. Zur Datenselektion stehen nicht nur räumliche Filter zur Verfügung, sondern auch Sachdaten, mit denen beispielsweise – sofern die Daten vorhanden sind – nur Wohngebäude, nur gewerblich genutzte oder nur städtische Gebäude betrachtet werden können. Insgesamt entsteht ein Werkzeug, das sehr feingranular schätzt, welche Effekte bestimmte Maßnahmen in definierten Teilen der Stadt haben können.

Webbasiertes Fachinformationssystem ist Ziel von Holzbau-GIS

Um in späteren Ausbaustufen regionale Analysen und Auswertungen durchführen zu können, müssen die wald- und forstwirtschaftlichen Flächen im Web-GIS berücksichtigt werden. Derzeit wird evaluiert, inwiefern die Ökobilanz von Holz und die Wertschöpfungskette datentechnisch in das Modell einfließen können, um im Ergebnis eine qualifizierte Aussage, basierend auf einer verlässlichen Datengrundlage, treffen zu können. Dafür sollen Parameter wie das Alter der Gebäude, Grundfläche, Geschosszahl, Bauausführung etc. ebenfalls einbezogen werden. Das Ziel möglichst einfacher, benutzerfreundlicher Interaktionsmechanismen zum Definieren, Planen und Vergleichen von Szenarien steht dabei zunächst im Vordergrund. Darüber hinaus wird aber auch untersucht, inwiefern Schnittstellen zu Statistikprogrammen für erfahrenere Anwender eingebunden werden sollten. Um diese beiden Anforderungen abzudecken, steht die Umsetzung in einer Dashboard-Ansicht in Planung. Diese ermöglicht einerseits eine übersichtliche Darstellung der Daten, aber andererseits auch die Möglichkeit der Integration zahlreicher ergänzender Funktionen.

Als Endergebnis des Projekts soll ein Web-basiertes Fachinformationssystem entstehen, welches die auf Gebäudeebene gewonnenen Erkenntnisse bündelt und sie in einen regionalen Kontext setzt. Zudem dient das Holzbau-GIS als Kommunikations-, Beratungs- und Informationswerkzeug und ermöglicht eine Vernetzung der im Holzbau agierenden Akteure. Es kann damit auch als Hilfsinstrument zur Beratung für Klimaschutz durch Holzbau genutzt werden. Langfristig könnten sich über ein solches Web-basiertes Beratungsinstrument auch regional Akteure im Holzbau untereinander, mit Planern, Entscheidern und mit potenziellen Kunden vernetzen, wie das teilweise durch öffentliche Energie-Atlanten im Bereich erneuerbarer Energien schon geschieht.