BMDV-Forschungsprojekt NieTro² entwickelt datengestütztes Entscheidungssystem
Im BMDV-Forschungsprojekt NieTro² wurde ein datengestütztes Entscheidungssystem für Niedrigwasser entwickelt, damit öffentliche Akteure den Herausforderungen durch Trockenheit besser begegnen können.
Wie sollte ein leistungsfähiges IT-System aufgebaut sein, damit öffentliche Akteure datengestützte Entscheidungen bei Niedrigwasser treffen können? Wasserversorger, Tagebaubetreiber und Umweltämter stehen in Zeiten der Trockenheit vor der Herausforderung, die Wassernutzung zu optimieren. Dazu haben das Büro für Angewandte Hydrologie GmbH (BAH) und die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) in dem von Disy koordinierten Forschungsprojekt NieTro² ein datengestütztes Entscheidungssystem entwickelt. Das jetzt abgeschlossene Projekt wurde im Rahmen der mFUND-Förderinitiative vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert. Die Praxistauglichkeit der entwickelten Systeme wurde in einer Testphase mit Fachbehörden und einer anschließenden Nutzerevaluation geprüft.
Konzeption des datengestütztes Entscheidungssystems für Niedrigwasser
Für die Konzeption dieses datengestützten Entscheidungssystems für Niedrigwasser verknüpfen die Forschenden ein hydrologisches Modell mit innovativen Webanwendungen. Am Beispiel Brandenburgs optimierten sie das landesweite Modell ArcEGMO für Niedrigwasserereignisse. Durch die Einbindung von Wettervorhersagen und Analysen historischer Wetterszenarien lassen sich nun Wasserstände und Flächenparameter wie Grundwasserneubildung während Dürreereignissen präzise vorhersagen. Der Zugriff auf die hydrologischen Daten des Modells kann anschließend auf zwei Arten erfolgen.
Fachexperten und Behörden greifen über die Datenanalyse-Software disy Cadenza auf die Daten zu. Dadurch haben sie insbesondere Zugang zu umfangreichen Datenvisualisierungen in interaktiven Dashboards.
So können sie den tagesaktuellen Zustand detailliert analysieren und durch den Vergleich mit Prognoseszenarien mögliche Entwicklungen abschätzen. Bei Bedarf können über die Analyseerweiterung von disy Cadenza weitere Analysefunktionen für hydrologische Auswertungen genutzt werden.
Bürger:innen sowie die interessierte Öffentlichkeit können über eine benutzerfreundliche App auf die Daten zugreifen. Durch vereinfachte und allgemein verständliche Darstellung der Daten wurde mit dieser App ein niedrigschwelliges Informationsangebot zum Thema Niedrigwasser geschaffen. Eine weitere App fördert die aktive Bürgerbeteiligung (Citizen Science), indem Bürger:innen ihre pflanzenphänologischen Beobachtungen zu Wachstumserscheinungen erfassen und damit zur Verbesserung des Hydrologischen Modells beitragen.
Erfolgreicher Praxistest des datengestützten Entscheidungssystems für Niedrigwasser
Das datengestützte Entscheidungssystems für Niedrigwasser wurde in einer dreimonatigen Testphase von rund 40 Testnutzenden aus Wasserverbänden und Landesbehörden getestet. Ihre Erfahrungen wurden evaluiert und Ende September im Abschlussworkshop des Forschungsprojekts NieTro² präsentiert. Dabei zeigte sich, dass das datengestützte Entscheidungssystems für Niedrigwasser Fachexperten und Behörden großen Mehrwert für ihre praxisnahen Anwendungsfälle bietet – von der Simulation und Messung von Ganglinien, der Darstellung tagesaktueller Zustände von Flussgebieten, wie der nutzbaren Feldkapazität oder der klimatischen Wasserbilanz, Jahresberichten zu Niedrigwasserwarnstufen, der Jahressummer der Grundwasserneubildung bis hin zu komplexen Darstellungen zur klimatischen Wasserbilanz, die über die Analyseerweiterung von disy Cadenza in Dashboards dargestellt werden können. Insgesamt sind die Anwendenden bei Projektende mit dem aktuellen Arbeitsstand schon sehr zufrieden. Verbesserungspotential sehen sie beispielsweise noch bei ausführlicheren Erklärungen und der Bereitstellung zusätzlicher Informationen, wie beispielsweise Kartenbeschriftungen.
Apps des datengestützten Entscheidungssystems für Niedrigwasser
Für die Öffentlichkeit wurde mit einer mobilen Info-App ein Informationsangebot zu Niedrigwasser und Trockenheit entwickelt, die Karten-, Detail- Listen und Favoritenansichten bietet. Eine weitere mobile Anwendung wurde für die aktive Bürgerbeteiligung (Citizen Science) bei der Erfassung von phänologischen Beobachtungen entwickelt. Die von Bürger:innen erhobenen Daten zur Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen werden an das ArcEGMO-Modell übermittelt, um die Vegetationsphasen im Modell realistischer abbilden zu können. Die Bestimmung der Phänophasen könnte zukünftig beispielsweise auch durch Machine Learning automatisiert werden.
NieTro²: Datengestütztes Entscheidungssystem für Behörden im Kampf gegen Niedrigwasser und Dürre
Mit dem Abschluss des Forschungsprojekts NieTro² steht den Landesbehörden ein praxistaugliches datengestütztes Entscheidungssystem für Niedrigwasser zur Verfügung, das weiter ausgebaut werden kann. Die Werkzeuge bieten Entscheidungsträgern und der Bevölkerung zuverlässige Prognosen zur Wasserverfügbarkeit, um die Auswirkungen von Dürre und Niedrigwasser frühzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Somit unterstützt NieTro² die deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel und die Ziele des Landesniedrigwasserkonzepts Brandenburg.
Nach Projektabschluss werden die Ergebnisse im Oktober auf der mFUND Konferenz (Fachforum C2) vorgestellt. Das Pilotsystem bleibt bis auf weitere in der jetzigen Ausbaustufe zugänglich und kann von Behörden und Fachexperten weiter genutzt werden. Interessierte können einen Testzugang per E-Mail an kontakt@disy.net anfordern.