Geodatenmanagement im Großen: Strategische Lärmkartierung für das EBA

Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) hat uns mit einem der größten Geodatenmanagementprojekte in Deutschland beauftragt: mit der strategischen Lärmkartierung. Die Herausforderungen bzgl. Datenmenge, Datenvielfalt und Umsetzungsgeschwindigkeit werden durch eine höchst innovative Ablaufsteuerung der Datenintegration und der ETL-Prozesse gemeistert – datensatzscharf und hoch parallelisiert.

Geodatenmanagement im Großen: Strategische Lärmkartierung für das EBA

Ein doppelt so großer Kartierungsumfang im Vergleich zu früheren Berechnungsrunden, der enorme Prüfungsaufwand der Eingangsdaten zur Vermeidung von quantitativen und qualitativen Inkonsistenzen und die Einführung der neuen Lärmberechnungsmethode „Common Noise Assessment Methods in Europe“ (CNOSSOS-EU) machen das Projekt zu einem der größten Geodatenmanagementprojekte in Deutschland. „Über 33.000 Kilometer Schienenwege, auf denen jährlich über 2 Milliarden Fahrgäste befördert und mehr als 300 Millionen Tonnen Güter transportiert werden, etwa 25.000 Brücken, 700 Tunnel, ca. 14.000 Bahnübergänge, tausende Kilometer Schallschutzwände, gut 60 Millionen Gebäude und zehntausende Quadratkilometer Geländemodell - diese Zahlen belegen eindrücklich die Dimension der Geodatenverarbeitung, die im Rahmen dieser Lärmkartierung zu stemmen ist“, erläutert Disy-Geschäftsführer Claus Hofmann.

„Wir sind stolz darauf, dass wir das EBA mit einem schlüssigen Durchführungskonzept zur methodischen, organisatorischen und zeitlichen Umsetzung überzeugen konnten und die europaweite Ausschreibung gewonnen haben. Das Konsortium bestehend aus Disy, AFRY und SoundPLAN wird mit der gebündelten Erfahrung unserer Lärmexperten und der deutschlandweit führenden Kompetenz zur datenbankgestützten Geodatenaufbereitung auch in dieser Runde die Umgebungslärmkartierung für das EBA auf höchstem Niveau erfolgreich und fristgerecht bis Juni 2022 abschließen.“

Hintergrund: Lärmkartierung und EU-Umgebungslärmrichtlinie

Abb.1: Kartierungsumfang im Vergleich

Abb.1: Kartierungsumfang im Vergleich

Die EU-Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG(ULR) verpflichtet die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, alle fünf Jahre eine aktualisierte Kartierung des von Flug-, Straßen- und Schienenverkehr sowie von Industrieanlagen erzeugten Umgebungslärms zu erstellen.

Aktuell steht die Durchführung der 4. Runde der strategischen Lärmkartierung (LKart R4) an, deren Ergebnisse bis zum 30.06.2022 zu veröffentlichen sind. In Deutschland ist das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) für die Lärmkartierung an Schienenwegen von Eisenbahnen des Bundes (EdB) zuständig. Die Kartierung wurde europaweit ausgeschrieben.

Disy hat die Ausschreibung gewonnen und wurde beauftragt, die Kartierung als Generalunternehmer mit einem bewährten und eingespielten Team an Partnern durchzuführen.

Datenbankgestütztes Ablaufsteuerungsframework für ETL-Prozesse

Abb. 2: Konfiguration der datenbankgestützten Ablaufsteuerung mit der Disy Spatial Workbench (DSW), um die unterschiedlichsten Datenaufbereitungsschritte automatisiert zu steuern. Die Farben visualisieren den Bearbeitungsstatus.

Abb. 2: Datenbankgestützte Ablaufsteuerung mit der Disy Spatial Workbench

Um die Kartierung erfolgreich durchführen zu können, müssen unterschiedlichste Datenaufbereitungsschritte ineinandergreifen. Der straffe Zeitplan für eine fristgerechte Veröffentlichung wird dadurch gewährleistet, dass die Summe der Daten nicht sequentiell verarbeitet wird. Vielmehr führt Disy eine räumlich differenzierte Datenverarbeitung durch, bei der aufeinander aufbauende Aufbereitungsschritte automatisch begonnen werden, sobald in einem Berechnungsgebiet die notwendigen Voraussetzungen geschaffen sind. Damit kann eine Vielzahl von Berechnungsgebieten bereits weit fortgeschritten sein oder sogar abgeschlossen werden, während Gebiete mit problematischer Datenlage noch einer Sonderbehandlung unterzogen werden. Korrigierte oder nachgelieferte Daten können jederzeit leichtgewichtig in die Verarbeitungspipeline integriert werden, da die entsprechenden ETL-Strecken automatisiert wiederholbar sind.

Herzstück der Steuerung dieser Datenverarbeitung ist die Disy Spatial Workbench (DSW). Basierend auf Talend und einer Oracle-Datenbank erzeugt die DSW aus Flussdiagrammen Datenstrukturen und Auftragstabellen, welche mit PL/SQL-basierten Verarbeitungsroutinen verknüpft werden. Über diese Auftragstabellen sind unterschiedlichste ETL-Schritte datensatzscharf steuerbar – egal ob Im- und Export der Daten, Plausibilisierungs- und Korrekturschritte, Strukturierung der Daten in räumlich differenzierten Berechnungsgebieten oder Integrationstests. Ein komplexer Warehousing-Prozess ist damit leichtgewichtig steuerbar. Abstimmungen, welche die Datenaufbereitung beeinflussen, können auch noch kurzfristig im Projektverlauf durchgeführt werden.

Vertikaler Prototyp zur Qualitätssicherung der Datenaufbereitung

Abb. 3: Der vertikale Prototyp wird für den südlichen Teil vom Ballungsraum Köln erstellt

Abb. 3: Vertikaler Prototyp für Gebiet südlich von Köln

Ein Projekt dieser Größe und Komplexität bedarf besonderer Methoden zur Risikoeinschätzung, Risikominimierung und Qualitätssicherung. Es wird daher zunächst, von der Disy Spatial Workbench verwaltet, ein vertikaler Prototyp erstellt. Dieser umfasst sowohl das sogenannte schalltechnische Modell als auch die Durchführung der eigentlichen Lärmausbreitungsberechnung. Mit dem Prototyp können fachliche Festlegungen im Projekt frühzeitig überprüft sowie das Vorgehensmodell zur Datenaufbereitung verifiziert werden.

Die schnelle Umsetzung über einen vertikalen Prototyp hat für die erfolgreiche Umsetzung mehrere Vorteile:

  • Die zu Beginn getroffenen fachlichen Festlegungen zur Datenaufbereitung können frühzeitig bestätigt oder widerlegt werden.
  • Die grundsätzliche technische Eignung der Eingangsdaten kann ebenfalls frühzeitig überprüft werden.
  • Mit dem Prototyp kann die tatsächliche Laufzeit aller Softwarekomponenten mit Echtdaten gemessen werden. Engpässe in der Berechnung liefern somit entscheidende Hinweise auf notwendige Skalierungen des Gesamtsystems und der finalen Berechnung.
  • Mit Teillieferungen zu Basisdaten, Akustischer Schiene/Verkehrsweg und Ergebnissen der Lärmberechnung ist der Prototyp in drei aufeinander aufbauende funktionale Einheiten gegliedert. Die abschließende Bestätigung des letzten Teils des Prototyps soll bis August 2021 abgeschlossen sein.


Verdopplung des Kartierungsumfangs

In einem der strategischen Lärmkartierung vorgelagerten Projekt wurde untersucht, ob und wie die Lärmaktionsplanung (LAP) und das Lärmsanierungsprogramm (LSP) des Bundes harmonisiert werden können. Ein Ergebnis dieses Harmonisierungsprojekts ist, dass das Eisenbahn-Bundesamt zusätzlich zur gesetzlich vorgeschriebenen Kartierung der Haupteisenbahnstrecken und der sonstigen Strecken in Ballungsräumen auch alle sonstigen Strecken der Eisenbahn des Bundes außerhalb von Ballungsräumen kartieren soll. Dies führt zu einer Verdopplung des Kartierungsumfangs im aktuellen Projekt.


Professionelles Projektmanagement sichert den Projekterfolg

Ein derart komplexes Projekt lässt sich nur mit professionellem Projektmanagement umsetzen, das sich grundsätzlich beim Vorgehen an den vier Phasen der Datenaufbereitung orientiert:

  • Die erste Phase zur Projektinitialisierung umfasst die technische Feinplanung.
  • In der zweiten Phase wird eine vollständige Feinspezifikation erarbeitet und mit dem Prototyp evaluiert. Dies umfasst auch die Eingangsdatenprüfung und die Entwicklung der notwendigen Algorithmik zur Durchführung der dritten Projektphase.
  • Die dritte Projektphase ist die Projektdurchführung: Hier werden die Daten mit den in Projektphase 2 implementierten Algorithmen zur Berechnung des Schalltechnischen Modells und die Lärmberechnung inkl. QS-Schritten verarbeitet. Parallel zur Datenverarbeitung erfolgt die Lärmberechnung mit der Software SoundPLAN und die Erstellung der Isophonen, welche die flächenhafte Lärmbelastung anzeigen. Sobald das schalltechnische Modell für einzelne Rechengebiete aufbereitet ist, wird dieses in die Verarbeitungskette zur Lärmberechnung übergeben und die Ergebnisse werden im direkten Anschluss qualitätsgesichert.
  • Die letzte Projektphase zum Projektabschluss mit Abnahme und Abschlussveranstaltung ist bis zum 31.08.2022 geplant.

In Berichten sollen Fakten möglichst komprimiert wiedergeben werden. Auch bei Tabellendarstellungen und Diagrammen sollte man sich auf das Wesentliche reduzieren. Aus diesem Grund haben wir den Report Designer erweitert, so dass auch gefilterte Diagramme in Berichte ausgeben werden können. Die zugrunde liegende Filterbelegung wird dabei im PDF-Bericht dargestellt.

Damit auch hochwertige Karten über Report Designs möglich werden, können nun Vorlagen für gestaltete Karten, sogenannte Map Designs, für Kartenelemente in Reports genutzt werden. Solche Report Designs mit eingebetteten Map Designs können dann im Repository als Vorlagen für die Ausgabe von Karten hinterlegt und einheitlich in der Organisation genutzt werden. Bei der Ausgabe von Karten werden damit überall die gleichen Zusatzinformationen wie Deckblatt, Kopf- und Fußzeile oder die Belegung der Filterkriterien mit ausgegeben.

Abb. 4: Grundsätzliches Vorgehen bei der Datenaufbereitung im Rahmen der Lärmkartierung

Abb. 4: Vorgehen bei der Datenaufbereitung

Rollen- und Aufgabenverteilung im Projektkonsortium

Abb. 5: Bausteine und Abhängigkeiten des schalltechnischen Modells

Abb. 5: Bausteine und Abhängigkeiten des schalltechnischen Modells

Das Konsortium mit den Projektpartnern Disy, AFRY (ehemals Pöyry) und SoundPLAN hat in gleicher Konstellation in den vergangenen zehn Jahren mehrere vergleichbare Projekte für das EBA erfolgreich umgesetzt. Die dabei entwickelte Rollen- und Aufgabenverteilung hat sich nachhaltig bewährt und kommt auch bei der LKart R4 zum Einsatz. In dieser Konstellation stehen für alle denkbaren Problemstellungen im Projekt entsprechende Spezialisten bereit.