disy Cadenza hat sich als Lageinformationssystem im Katastrophenfall bewährt

Bei einer spektakulären Großübung hat sich disy Cadenza als Lageinformationssystem bewährt. Die gesammelte Erfahrung soll es Einsatzkräften ermöglichen, Katastrophenlagen mit Echtzeitdaten zu managen.

Teaser AIFER

Ein massives Sturmtief mit Starkregen und Hagel überschwemmt weite Teile des Salzburger Landes: Siedlungen werden überflutet, Züge entgleisen und Gebäude stürzen ein. An vielen Orten gilt es Verletzte und Personen zu retten, die durch schlagartig ansteigendes Hochwasser in lebensbedrohliche Situation geraten sind. Die Gesamtlage ist unübersichtlich – der Katastrophenschutzalarm wird ausgerufen. Was Ende April nach einer Großschadenslage aussieht, war für die rund 800 Beteiligten glücklicherweise nur eine spektakuläre Großübung unter wissenschaftlicher Begleitung. Da sich Katastrophenereignisse wie Hochwasser, Waldbrände oder Stürme nicht an Landesgrenzen halten, bündeln Deutschland und Österreich ihre Kräfte und erforschen gemeinsam, wie sie ihre Rettungskräfte bei der Bewältigung grenzüberschreitender Großschadenslagen bestmöglich einsetzen und koordinieren können.

Heterogene Datenströme im Lageinformationssystem zusammenführen

In so einem Katastrophenfall agieren die Einsatzkräfte unter Zeitdruck. Damit sie Leben retten können, brauchen sie eine valide Datenbasis als Grundlage für ihre Entscheidungen. Diesen Überblick bekommen sie nur dann, wenn alle unterschiedlichen Aspekte zusammengeführt werden. „Wir bei Disy beschäftigen uns im AIFER-Projekt mit der Datenfusion, also der Zusammenführung und Aufbereitung heterogener Daten mit disy Cadenza. Die eingehenden Daten unterscheiden sich in der räumlichen und zeitlichen Auflösung, Aktualität, Fokussierung, Zuverlässigkeit, in den Inhalten und liegen in unterschiedlichen Datenstrukturen und -formaten vor. Wir mussten also eine Lösung entwickeln, die alle Datenströme synergetisch zusammenführt und die Arbeit der Rettungskräfte durch ein praxistaugliches und benutzungsfreundliches IT-System erleichtert“, fasst Dr. Andreas Abecker, Leiter Forschung und Innovation bei Disy, den Forschungsauftrag von Disy zusammen.

Mit diesem Ziel ist Anfang 2021 das deutsch-österreichische Forschungsprojekt AIFER gestartet, das von deutscher Seite vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Unter der Beteiligung von Disy wollen die Projektpartner beider Länder für ein Hochwasserszenario ein Lageinformationssystem entwickeln, das mit künstlicher Intelligenz (KI) erfasste Daten in Echtzeit auswertet. Inhaltlich geht es dabei insbesondere um Daten von Satelliten, Flugzeugen, Drohnen sowie Augenzeugenberichten aus sozialen Netzwerken. Schließlich steht das Kürzel AIFER für nicht weniger als „Künstliche Intelligenz zur Analyse und Fusion von Erdbeobachtungs- und Internetdaten zur Entscheidungsunterstützung im Katastrophenschutz“.

Echtzeitinformationen mit Künstlicher Intelligenz aufbereiten

Dabei kommt dynamischen Echtzeitdaten neben statischen Geobasisdaten eine Schlüsselrolle zu. Durch moderne Technologien steigen Datenvielfalt, -volumen und -frequenz in Katastrophenlagen, bis in den Bereich von Big Data bzw. Big Geospatial Data. Gerade besonders wertvolle Echtzeitinformationen werden bisher noch nicht optimal in der Lagebewertung berücksichtigt. Um mit der riesigen und sich ständig verändernden Datenmenge umgehen zu können, braucht es sowohl automatische Vorverarbeitungen und Analysen als auch benutzungsfreundliche Lagebilddarstellungen in Form von Dashboards. Diese müssen in komplexen Schadenslagen bei der Einsatzleitung den Blick unter Stress und Zeitnot auf das Wesentliche lenken, anstatt durch die Masse von Informationen abzulenken oder gar zu verwirren.

Hier setzt AIFER an. Die Projektpartner entwickeln verschiedene Methoden, um mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz (KI) eingehende Daten zu analysieren und so aufzubereiten, dass sie eine zielgerichtete Einsatzplanung und -steuerung unterstützen. So können beispielsweise Drohnenaufnahmen verschiedener Zeitpunkte sichtbar machen, welche Straßen zunehmend überflutet werden und irgendwann nur noch von speziellen Einsatzfahrzeugen befahrbar sind. Alle mit KI-aufbereiteten Daten werden in disy Cadenza zusammengeführt, das sich als hervorragendes Tool bei der Großübung bewährt hat. Um mit den Geodatenauswertungen auch gängige effiziente Darstellungen und Planungsunterstützung für die Einsatzleitung zu ermöglichen, werden hier auch Taktische Zeichen verwendet.

Großübung testet Lageinformationssystem auf Praxistauglichkeit

Ob alles wie geplant funktioniert, hat die Großübung gezeigt, die das Disy-Team von Projektleiter Marc Schmidtobreick seit Monaten software- und datentechnisch vorbereitet hat. Gemäß den Anforderungen der Einsatzzentralen wurden dafür die benötigten Datensichten erzeugt, die erforderliche Infrastruktur aufgesetzt und die Mitarbeitenden in der sicheren Bedienung von disy Cadenza geschult. „Während der Großübung haben wir im Lagezentrum die Einspielung der simulierten Übungsvorfälle gesteuert. Damit die Bedingungen möglichst real sind, wurden neben vorab prozessierten Daten, wie Fernerkundungsdaten, auch Live-Social-Media-Daten automatisiert eingespielt und in disy Cadenza zur Auswertung der Gesamtlage herangezogen“, erläutert Marc Schmidtobreick die Rolle seines Teams während der Übung.

Wissenschaft evaluiert Erfahrungen für Systemoptimierung

Die Manöverkritik unmittelbar nach Übungsabschluss zeigte bereits, dass sich das Lageinformationssystem auf Basis von disy Cadenza für dieses komplexe Beispiel aus dem Katastrophenschutz gut bewährt hat. Es bot den Mitarbeitenden in der Einsatzzentrale einen umfassenden Lageüberblick und unterstützte die kollaborative Einsatzplanung und -führung der Krisenstäbe. In den nächsten Wochen wird weiterhin detaillierteres Feedback eingeholt, um Empfehlungen für die weitere Systemoptimierung abzuleiten, bevor das Forschungsprojekt im Oktober endet.

Die entwickelte Lösung bietet durch die KI-Auswertung von nutzergenerierten Massendaten und die Fusion der heterogenen Eingangsdaten in integrierte Sichten einen Innovationssprung im Katastrophenmanagement. Da das Lagebild nahezu in Echtzeit erstellt wird, kann es ebenso für die Früherkennung und Vorwarnung eingesetzt werden. Auch wenn AIFER primär das Katastrophenszenario Hochwasser adressiert, lässt sich der technologische Ansatz auf andere Katastrophenszenarien übertragen – immer mit dem Ziel, die Sicherheit der Menschen bestmöglich zu gewährleisten.

Hintergrundinformationen zum Forschungsprojekt AIFER

AIFER steht für „Künstliche Intelligenz zur Analyse und Fusion von Erdbeobachtungs- und Internetdaten zur Entscheidungsunterstützung im Katastrophenschutz“. Das deutsch-österreichische Forschungsprojekt AIFER läuft noch bis Oktober 2023. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Querschnittsthemas „Künstliche Intelligenz in der zivilen Sicherheitsforschung" unter den Kennzeichen 13N15525 bis 13N15529 gefördert und vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. koordiniert.

Disy trägt mit seiner Expertise in der Entwicklung von passgenauen Lösungen für die intelligente Datennutzung zum Gelingen des AIFER-Projektes bei. Ebenso gehören das Bayerische Rote Kreuz, die Universität Kassel mit dem Institut für Wirtschaftsrecht und die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) zu den deutschen Projektpartnern im Forschungskonsortium. Zu den Projektpartnern aus Österreich zählen die Paris Lodron Universität, die Johanniter-Unfall-Hilfe, das Österreichische Rotes Kreuz mit dem Landesverband Salzburg, die Spatial Services GmbH und das Institut für Empirische Sozialforschung.