Analyse und Bewertung der Performance von Einzelhandelsfilialen
Mit disy Cadenza und Location Intelligence mehr aus der Analyse rausholen

Kennzahlen und Dashboards, die mit Hilfe von traditionellen Business Intelligence-Auswertungen erzeugt werden, bilden heutzutage die Grundlage vieler wichtiger unternehmerischer Entscheidungen. Oftmals unbeachtet bleibt hierbei der Raumbezug. Dabei kann gerade die Integration und Betrachtung von geographischen Daten Einsichten ermöglichen, die sonst unentdeckt bleiben würden. Mit Location Intelligence können Unternehmen nicht nur sehen wo etwas passiert, sondern auch besser verstehen, warum und wie es sich auf ihre Geschäftsstrategie auswirkt.
Schauen Sie mit uns in diesem fiktiven Einzelhandelsszenario über den Tellerrand hinaus. Wir bewerten die Profitabilität einzelner Standorte einer Filialkette und decken durch den Raumbezug der Daten einen Aspekt auf, der die Analyse in einem ganz neuen Licht darstellt.
Wir stellen wir uns im Folgenden diese Fragen:
- Wie ist die aktuelle Unternehmenslage?
- In welchen Bereichen Hamburgs liegen die profitabelsten und die am wenigsten profitablen Filialen?
- Wo wohnen die Personen, die Online-Käufe tätigen?
- Gibt es einen Zusammenhang zwischen Filialstandorten und Online-Käufen?
- Müssen einige Filialen gegebenenfalls neu bewertet werden?
Status Quo vermittelt scheinbar ein eindeutiges Bild
Wir starten in unserem Übersichts-Dashboard in disy Cadenza. Es stellt die aktuelle Unternehmenslage einer fiktiven Kinderboutique-Kette sowie die Performance-Kennwerte der einzelnen Filialen dar (Abbildung 1). Zu sehen ist ein Überblick über klassische Unternehmenskennzahlen (Business Intelligence), wie der Gesamtumsatz und die Betriebskosten, sowie die Flächen- und Personalproduktivität und die Profitabilität aller Standorte im Mittel. Die Tabelle beleuchtet diese Kennzahlen pro Standort. Besonders aufschlussreich ist dabei die Profitabilität pro Standort. Hier wird durch die regelbasierte Farbwahl auf den ersten Blick ein scheinbar eindeutiges Bild gezeichnet.
Es scheint so, als befände sich das Unternehmen in Schieflage. Zu viele Filialen performen nicht gut genug. Zusätzlich geht der Trend bei der Profitabilität bei vielen Läden nach unten. Besonders eine Filiale sticht in Rot deutlich hervor, die Profitabilität ist im Keller.
In vielen „klassischen“ Business Intelligence-Szenarien wäre analytisch an dieser Stelle schon Schluss. Die reinen Finanzdaten geben auch oftmals nur genau das her. Location Intelligence kann jedoch noch so viel mehr aus den Daten rausholen. Allein die Betrachtung der Standort-Information der Filialen bringt schon eine weitere Perspektive in die Analyse. Durch den Einbezug weiterer Geodaten eröffnen sich ganz neue Zusammenhänge. So werden Fehlentscheidungen vermieden und wirklich passende Maßnahmen abgeleitet.
Location Intelligence bringt neue Perspektive
Wir gehen also einen Schritt weiter: Zusätzlich zur Business Intelligence (BI), wo fachliche Daten verarbeitet, analysiert und visualisiert werden und somit der Grundstein für faktenbasiertes Entscheiden gelegt wird, kommt jetzt Location Intelligence (LI) ins Spiel. Es integriert Geoinformationen in die Analyse und verbindet so zwei zentrale Disziplinen: BI und Geo Analytics. Und genau dieses Zusammenspiel wird in unserer Analyse den Unterschied machen.
Betrachtung der Karte liefert erste Erkenntnisse
Bei unserer bisherigen Analyse zur Bewertung der Filialprofitabilität einer fiktiven Kinderboutique-Kette wurde zu kurz gedacht. In BI-Szenarien wird die räumliche Komponente und damit Location Intelligence oft außen vor gelassen, aber die räumliche Dimension bringt immer noch einen weiteren Blickwinkel und damit Mehrwert für die Analyse.
Das reine Anzeigen der Standorte der Filialen auf der Karte birgt nur geringen Erkenntnisgewinn.
Ordnen wir aber die KPIs der einzelnen Filialen aus der Ausgangstabelle den Standorten in der Karte zu, erhalten wir weitere interessante Informationen. Durch die Darstellung des Umsatzes (Größe der Punkte) und der Profitabilität (Färbung der Punkte) (Abbildung 2) wird direkt eine neue Erkenntnis sichtbar: Filialen im Norden der Stadt haben größere Probleme.
Online-Handel hat maßgebliche Auswirkungen auf den Offline-Handel
Die Darstellung der Ist-Situation auf der Karte war nur ein erster Schritt. Um komplexe Fragen zu beantworten und fundierte Entscheidungen zu treffen, erfordert es fortgeschrittene Analysetechniken.
Wir möchten das volle Potenzial der Standortdaten nutzen und umfassende Einblicke erhalten, indem wir noch einen anderen Aspekt bzw. Datensatz einbeziehen und in disy Cadenza auswerten: Informationen zum Online-Handel. In vielen Unternehmen werden Daten aus dem Online-Handel und stationären Geschäften noch immer getrennt betrachtet, obwohl eine gemeinsame Auswertung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Mit Location Intelligence haben wir das richtige Werkzeug, um diesen Graben zu überwinden, denn der Raumbezug beider Datensätze ist unsere Brücke.
Wir kombinieren also die beiden Datensätze zum Online- und Offline-Handel im ersten Schritt in der Visualisierung. Die Online-Verkäufe können wir über eine Geokodierung mit den Lieferadressen einfach räumlich verorten und gemeinsam mit den Filialstandorten darstellen. So wird unsere Karte zur Brücke zwischen den Daten der beiden Verkaufskanäle.
Wir sehen in Abbildung 3, dass sehr viele Online-Verkäufe (blaue Rauten in der Karte) in der näheren Umgebung von Filialen (klassifizierte Punkte) stattfinden.
Dieses Muster zeigt, dass Online- und Offline-Handel bei einer gut abgestimmten Strategie einander positiv beeinflussen können, statt sich – wie häufig intuitiv gedacht – zu schaden. Gerade in Branchen wie der Bekleidung gelingt dies, indem die Stärken beider Kanäle kombiniert werden. Solche Hebeleffekte im Einzelhandel beschreibt man als „Halo-Effekt“. Studien belegen: Wenn ein neuer Shop eröffnet wird, dann steigen in der Nachbarschaft häufig die Online-Umsätze der Marke stark. Umkehrt sinken diese, wenn Läden geschlossen werden.
Multi-Channel-Bezug: Datenanreicherung mittels Erreichbarkeitsanalyse bringt die Daten zusammen
Diesem Multi-Channel-Ansatz wollen wir noch weiter nachgehen und nun den Halo-Effekt für die einzelnen Filialen quantifizieren. Das machen wir mithilfe von zwei Datenanreicherungsschritten. Zuerst berechnen wir die Erreichbarkeitszonen pro Filiale (Abbildung 4). Damit definieren wir das Nachbarschafts-Einzugsgebiet der Filialen. Die richtige Größe dieser Einzugsgebiete hängt von vielen Faktoren ab. Wir nehmen für dieses Szenario an, dass Kunden, die eine Filiale fußläufig in 12 Minuten erreichen können, zur Nachbarschaft gehören.
In einer zweiten Datenanreicherung können wir nun sehr einfach berechnen, wieviel Online-Umsatz in jeder Filialnachbarschaft erzielt wurde. Wir verschneiden dafür die Einzugsgebiete der Filialen mit den Lieferadressen des Online-Handels. Das Ergebnis ist eine neue Kennzahl „Online-Umsatz in Nachbarschaft“ für jede Filiale. Der Raumbezug der Daten war unser Mittel zum Erkenntnisgewinn.
Überraschende Erkenntnis: Neue Daten decken Trugschlüsse auf
Wir ergänzen nun unser Überblicks-Dashboard aus Abbildung 1 mit der neuen Kennzahl. Das neue Gesamt-Dashboard ist in Abbildung 6 zu sehen. Wir erkennen in der Tabelle und in der Karte direkt, dass die Einfärbung des Online-Umsatzes teilweise einen ganz anderen Eindruck vermittelt als die Profitabilität der Filialen. Manche Filialen sind anscheinend wichtiger für den Online-, andere für den Offline-Handel; Filialen, die ursprünglich eher schwach wirkten, erscheinen sehr bedeutend für den Online-Handel. Auffallend sind dabei folgende Filialen:
- Die Alte Elbgaustraße
Die Filiale hatte eine eher niedrige sowie sinkende Profitabilität. Bezieht man die Online-Verkäufe im Einzugsgebiet auf die Filiale, hat sie aber die Nase mit 137.915,80 € Umsatz pro Quartal vorn. - Fuhlsbüttler Straße
Auch diese Filiale konnte mit ihnen zugeordneten Online-Verkäufen deutlich mehr punkten als mit den niedrigen und sinkenden Filialverkäufen. - Spitaler Straße
Andersherum sieht es bei der Spitaler Straße aus. Die vorbildlichen Zahlen bei den Filialverkäufen werden durch die zugeordneten Online-Verkäufe nicht bestätigt. - Die „Tibarg“-Filiale kann leider auch mit den im Einzugsgebiet getätigten Online-Verkäufen nicht überzeugen.
Es zeigt sich: Einige der zu Beginn als nur gering oder mittel profitabel eingestuften Filialen müssen durch ihre Relevanz für das Online-Geschäft neu bewertet werden. Gleiches gilt für hoch eingestufte Filialen. Wir haben Dank der Analysemöglichkeiten in disy Cadenza Zusammenhänge besser verstanden, wichtige zusätzliche Informationen zur Gesamtlage erhalten und müssen uns nicht mehr auf eine Dimension allein verlassen.
Diese Analyse gab uns Einblick in ein breites Analysespektrum aus den Bereichen Business & Location Intelligence. Durch die nahtlose Integration von Geodaten in bestehende Analyseprozesse entsteht ein großer Mehrwert, da so weitere Perspektiven auf einen Sachverhalt eröffnet werden. Der Schlüssel liegt dabei beim Zusammenspiel der Disziplinen und somit bei der Kombination der Erkenntnisse, um am Ende dann auch die richtigen Rückschlüsse und Maßnahmen daraus zu schließen.
Natürlich ist eine solche Analyse nicht nur mit Filialdaten möglich, sondern auch mit beliebigen anderen Standorten und Informationen. Denkbar wäre eine solche Analyse auch beispielsweise mit Behördenstandorten, deren Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Nahverkehr bewertet werden soll.