Mit Daten gegen das Wasser – Neue digitale Lösung stärkt die Starkregenvorsorge

Wie können sich Kommunen besser vor Starkregen schützen? Im BMBF-Projekt FloReST wurde eine Lösung entwickelt, die bei der Risikoanalyse, Maßnahmenplanung und Visualisierung auf disy Cadenza setzt.

Im BMBF-geförderten Forschungsprojekt FloReST wurde mit disy Cadenza eine Gesamtlösung für die Starkregenvorsorge entwickelt

Extremwetterereignisse wie Starkregen sind kurz, aber heftig und mit gravierenden Folgen: Sturzfluten überlasten die Entwässerungssysteme, beschädigen technische und soziale Infrastrukturen und gefährden Menschenleben. Um solche Risiken zu verringern, braucht es ein wirksames Starkregenrisikomanagement. Notabflusswege können dabei helfen, Wassermassen möglichst schadlos durch Wohngebiete zu leiten. Doch häufig fehlen präzise Daten zu relevanten Geländemerkmalen und digitale Werkzeuge, um Maßnahmen zur Starkregenvorsorge gezielt zu planen und umzusetzen. Genau hier setzt das Verbundvorhaben Urban Flood Resilience – Smart Tools (FloReST) an, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die Fördermaßnahme WaX ausgewählt und im April abgeschlossen wurde (Kennzeichen: 02WEE1634A-F).

Forschungsteam entwickelt digitale Gesamtlösung für Starkregenvorsorge

Die Abbildung zeigt die am BMBF-Forschungsprojekt FloReST beteiligten Projektpartner

Projektpartner FloReST

Das interdisziplinäre Konsortium unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Lothar Kirschbauer (Hochschule Koblenz) – mit Beteiligung von Disy, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, Ingenieurgesellschaft Dr. Siekmann + Partner, dem Umweltcampus Birkenfeld, der Universität Trier und assoziierten Partnern – hat im Projekt FloReST eine digitale Gesamtlösung zur Starkregenvorsorge entwickelt. Zum Einsatz kommen dabei intelligente Technologien zur optimierten Datenermittlung für die Starkregenvorsorge: Künstliche Intelligenz zur schnelleren Ermittlung von Fließsimulationen, Drohnentechnik zur Ermittlung der Fließwege sowie mobile Apps, über die Bürger:innen ihnen bekannte Problemstellen im eigenen Umfeld melden und so wertvolles lokales Wissen zur Verfügung stellen können. Diese Technologien erweitern den bisherigen Werkzeugkasten um Tools für die präzise Erfassung kleinräumiger Oberflächenstrukturen und liefern damit die Grundlage für die verfeinerte Planung von Notabflusswegen – Daten, die den lokalen Akteuren der Starkregenvorsorge in der Praxis häufig fehlen.

Zentrale Datenplattform für die digitale Starkregenvorsorge

Die Abbildung zeigt die wichtigsten Handlungsfelder des Projekts im Überblick. Die im Projekt entwickelten Technologien zur optimierten Datenermittlung verfeinern den bisherigen Arbeitsprozess zur Ausweisung von Notabflusswegen zur Starkregenvorsorge. Dabei kommen sowohl amtliche Geobasisdaten, Digitale Geländemodelle (DGM) und Luftbilder, als auch neue, projektgenerierte GIS-Datenprodukte zum Einsatz, wie zum Beispiel Fließwegekarten mit Wassertiefen.

Die Abbildung zeigt die grobe Architektur des Forschungsprojekt FloReST

Projektüberblick FloReST

Um diese vielfältigen Datenquellen zusammen effizient nutzen zu können, wurde von Disy im Projekt eine zentrale Datenplattform aufgebaut: das FloReST Geo Data Warehouse (GDW). Es vereint Daten aus unterschiedlichen Quellen, sorgt für deren Harmonisierung und Qualitätssicherung (z.  B. durch einheitliche Georeferenzierung) und ermöglicht die gezielte Bereitstellung für verschiedene Datenkonsumenten. Als Spezialist für den strategischen Aufbau effizienter Data Warehouses hat Disy unter anderem Geo-ETL-Prozesse für die Vorverarbeitung und Zusammenführung der Daten aufgesetzt, aber auch effiziente Speicherprozesse geschaffen.

Dieses GDW dient als zentrale Datendrehscheibe für Kommunen und andere Beteiligte – sowohl im Projektkontext als auch für eine spätere operative Nutzung. Es nimmt unterschiedlichste Sach- und Geodaten auf, verknüpft sie sinnvoll und unterstützt deren gemeinsame Auswertung. Über disy Cadenza, die Software für Datenanalyse, Business & Location Intelligence, können Akteure aus Verwaltung, Politik und Bürgerschaft gezielt auf die Daten zugreifen – jeweils angepasst an ihre spezifischen Informationsbedarfe.

Mit disy Cadenza zur digitalen Starkregenvorsorge

Die im Projekt FloReST eingeführte zentrale Datenplattform sowie die entwickelten Technologien sorgen dafür, dass Kommunen auf verlässliche und präzise Daten zur Starkregenvorsorge zugreifen können. Aufbauend auf dieser Infrastruktur ermöglicht disy Cadenza eine benutzerfreundliche Analyse und anschauliche Visualisierung von Starkregenrisiken. Die folgenden Abschnitte zeigen, wie Bürgerdaten eingebunden, maßgeschneiderte Analysen erstellt und Gefährdungslagen besser verstanden und kommuniziert werden können.

Die Abbildung zeigt, wie Bürger:innen in der SmartApp sich informieren und Hinweise auf lokale Gefahrenstellen melden können

FloReST SmartApp

FloReST SmartApp – Bürgerbeteiligung durch Smart Reporting

Im Projekt wurde vom Umweltcampus Birkenfeld die FloReST SmartApp entwickelt, mit der Bürger:innen sich informieren und Hinweise auf lokale Gefahrenstellen melden können – etwa Engstellen, verstopfte Durchlässe oder Treibgutansammlungen.

Das disy Cadenza Dashboard zeigt Missstände, die von Bürger:innen über die FloReST Smart App gemeldet haben

Meldungen der FloReST Smart App

Die über die App gesammelten Informationen werden georeferenziert im GDW gespeichert, fließen direkt in die Risikoanalyse ein und lassen sich mit disy Cadenza visualisieren und analysieren. Die intuitive Bedienung und strukturierte Erfassung fördern das Prinzip der Citizen Science und stärken die kommunale Vorsorge durch lokale Expertise. Die Daten können sowohl zur Dokumentation als auch zur Ableitung konkreter Maßnahmen genutzt werden.

disy Cadenza Dashboards für Analysen und zielgruppengerechte Visualisierungen

Auf Basis des GDW wurden mit disy Cadenza interaktive Dashboards entwickelt. Mit dem integrierten Rollen- und Rechtemanagement der Software lassen sich Dashboards für verschiedene Zielgruppen bereitstellen – etwa für die Verwaltung, Politik, Fachbüros oder für die breite Öffentlichkeit. Die Dashboards bieten vielfältige Filter- und Analysefunktionen und machen komplexe Inhalte wie Maßnahmenlisten, Aufwand-Nutzen-Priorisierungen, Gefährdungskarten oder Fließwege übersichtlich zugänglich. Durch die Kombination aus intuitiver Navigation, Kartenansicht, tabellarischer und grafischer Darstellung sowie einem kontextbezogenen Analysebereich entsteht eine fundierte Entscheidungsgrundlage – auch für nicht-technische Nutzer:innen. Je nach Anwendung dienen diese Visualisierungen der Verwaltung für die Analyse, der Politik zur Information oder der Kommunikation mit der Bevölkerung.

3D-Visualisierung – Neue Perspektiven durch Embedding

Kartendarstellung von Gelände und Gebäuden mit simulierten Starkregenereignissen in disy Cadenza

Kartendarstellung

Ergänzend zu den klassischen Kartenansichten wurden in disy Cadenza 2,5D- und 3D-Visualisierungen umgesetzt. Sie ermöglichen ein besseres Verständnis für topografische Zusammenhänge und Gefährdungslagen. Realisiert wurde das durch Embedding – also die Fähigkeit von disy Cadenza, externe Fachanwendungen vollständig oder in Teilen zu integrieren.

So lassen sich potenzielle Überflutungshöhen direkt an 3D-Gebäudemodellen visualisieren – eine besonders wirkungsvolle Darstellung für die Kommunikation mit politischen Gremien oder der Öffentlichkeit. Die Einbindung solcher 3D-Sichten macht deutlich, welches Potenzial disy Cadenza für zukünftige Smart City-Anwendungen bietet.

3D-Visualisierung von Gelände und Gebäuden mit simulierten Starkregenereignissen in disy Cadenza.
3D-Starkregensimulation
3D-Ansicht von Gebäuden mit simulierten Wasserständen und Balkendiagramm zu Gefährdungsklassen und Nutzungen.
Gebäudegefährdung

Perspektiven für eine digitale Landeslösung zur Starkregenvorsorge

Das Forschungsprojekt FloReST zeigt, wie Technik und lokale Beteiligung zusammenwirken können, um den Schutz vor Starkregen in Kommunen zu verbessern. Die Projektergebnisse belegen, dass mit überschaubarem Aufwand eine praxistaugliche Lösung entstehen kann – und auch die Ansteuerung von Drittsoftware und KI-Modellen über die Analyseerweiterung von disy Cadenza ist realisierbar. Allerdings wurde auch deutlich: Für eine flächendeckende Wirkung braucht es standardisierte Datenmodelle, automatisierte Prozesse und idealerweise eine zentrale Lösung auf Landesebene, da eine zentrale Installation auf Landkreis-, Regierungsbezirks- oder Landesebene für die Kommunen technisch und betriebswirtschaftlich sinnvoller wäre.

„Eine zentrale Landeslösung ist für ein kommunales Thema wie die Starkregenvorsorge deshalb so sinnvoll, weil die dafür nötige IT-Infrastruktur und das fachliche Know-how zum Betrieb einer solchen Datenplattform nicht in jeder einzelnen Kommune vorhanden sind – wohl aber der Bedarf. Wenn wir resilienter werden wollen, müssen wir Kompetenzen bündeln und Synergien gezielt nutzen“, fasst Dr. Andreas Abecker, Leiter Forschung und Innovation, Disy Informationssysteme GmbH, sein Fazit aus dem Projekt FloReST zusammen.

Disy wird daher weiter prüfen, ob die Produktisierung einer solchen Landeslösung sinnvoll und wirtschaftlich tragfähig ist. Das Projekt hat nicht nur technische Machbarkeit gezeigt, sondern auch wertvolle Impulse zur organisatorischen und strukturellen Weiterentwicklung der kommunalen Klimaanpassung geliefert. Gerade vor dem Hintergrund zunehmender Extremwetterereignisse braucht es integrierte, digitale Ansätze, um Kommunen widerstandsfähiger zu machen – auch über das Thema Starkregen hinaus.